Biologengeschichten -- Inhalt Diss -- 2-Gebiete -- 3-Fangmethoden -- 4-Communities-- 5-Räumlich-- 6-Nahrung-- 7-Abundanz-- 8-Altersstruktur-- 9-Mortalität-- 10-Räuberdruck-- 11-Narben-- 12-Experimente-- 13-Diskussion-- 17-Literatur--

​ 1. Einleitung

Chilopoden bilden einen der Hauptbestandteile der räuberischen Makroarthropodenfauna in den Wäldern der gemäßigten Zone (WEIDEMANN 1972, ALBERT 1979, BALOGH & LOKSA 1948). Durch das Fehlen eines Verdunstungsschutzes sind sie in der Habitatwahl auf Plätze mit wasserdampfgesättigter Atmosphäre beschränkt (MEAD-BRIGGS 1956, CURRY 1974). Trotz geringer äußerer Unterschiede kommen Hundertfüßler regelmäßig mit mehreren Arten im Waldboden vor.

Damit ergibt sich das Leitthema der vorliegenden Arbeit: Wodurch wird die Koexistenz verschiedener Chilopodenarten im Waldboden ermöglicht? In diesem Zusammenhang interessieren vor allem folgende Fragen:
- gibt es Gesetzmäßigkeiten im Aufbau von Chilopoden-Artengemeinschaften?
- In welchen Ressourcendimensionen läßt sich eine ökologische Sonderung der Chilopodenarten feststellen?
- Wodurch wird die Populationsdichte der Chilopoden begrenzt?
- Gibt es Hinweise auf interspezifische Konkurrenz und/oder Interferenz zwischen den sympatrischen Chilopodenarten?

Einen Überblick über die durchgeführten Untersuchungen und ihren Bezug zueinander gibt die Abb. 1.

Von den vier Ordnungen der Chilopoda (Geophilomorpha, Scolopendromorpha, Lithobiomorpha und Scutigeromorpha) finden sich bei uns vor allem die Geophilomorpha unä die Lithobiomorpha. In Gestalt, Lebensweise und Entwicklung gibt es große Unterschiede zwischen den Geophilomorpha und den Lithobiomorpha (MANTON 1965).
Die Geophilomorpha haben einen wurmartigen Habitus, der es ihnen ermöglicht, nach Art der Regenwürmer im Boden zu graben. Sie nehmen vorwiegend weiche Nahrung zu sich, die sie extraintestinal verdauen. Die Entwicklung geschieht epimorph, d. h. in allen Stadien ist bereits die volle Segment- und Beinzahl vorhanden. Geophilomorpha finden sich in der Bodenfauna vieler Habitattypen und Klimazonen.
Lithobiomorpha sind dagegen in ihrem morphologischen Typus eher an schnelles Laufen angepaßt und nicht in der Lage, sich durch den Boden zu graben. Mit ihren kräftigen bezahnten Mandibeln können sie auch härtere Nahrung zu sich nehmen, die zerrissen und stückweise geschluckt wird. Die Entwicklung der Lithobiomorpha umfaßt eine anamorphe und eine epimorphe Phase: Aus den einzeln abgelegten Eiern schlüpft eine Eilarve (LO) mit nur 7 Beinpaaren. Daran schließen sich vier anamorphe Häutungsstadien an (L1 bis I4), die ebenfalls noch nicht die vollständige Anzahl von 15 Beinpaaren aufweisen. Erst mit der Häutung der L4-Larve zum ersten postlarvalen Stadium (PL1 mit 15 Beinpaaren) erfolgt der Übergang zur epimorphen Entwicklungsphase, die - je nach Art - 5 bis 8 Häutungen umfassen kann (ANDERSSON 1979, FRÜND i. Druck) und mehrere Jahre dauert. Lithobiomorpha haben ihren Verbreitungsschwerpunkt in den Wäldern der gemäßigten Klimazone.

Chilopoden sind eine in der ökologischen Forschung relativ wenig beachtete Gruppe. Die neuere Literatur umfaßt vor allem eine Reihe faunistischer Arbeiten (ALBERT 1982; BROCKSIEPER 1972, LOKSA 1966, 1968, 1973, 1969; SZEKELYHIDY & LOKSA 1978; THIELE 1956; TISCHLER 1980; TOBIAS 1969). Hauptsächlich produktionsbiologisch orientiert sind die Studien von ALBERT (1977, 1979) und WIGNARAJAH & PHILLIPSON (1977). Fragen der Koexistenz von Chilopodenarten werden in zwei nordamerikanischen (AUERBACH 1951; LEE 1980) und zwei englischen Untersuchungen (ROBERTS 1957; LEWIS 1965) behandelt.

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